Atemnot
Atemnot ist das subjektive Gefühl, unzureichend oder erschwert Luft zu bekommen.

Definition

Sie tritt als Zeichen eines steigenden CO2-Gehalts (Hyperkapnie) oder eines sinkenden Sauerstoffgehalts (Hypoxie) im Blut auf und stellt ein Warnsignal des Körpers dar. Mit ihr einher gehen häufig Symptome wie Schwindel, Übelkeit und akute Angstzustände.

Synonyme

  • Luftnot, Dyspnoe

English: Dyspnoea, Breathlessness

Überblick

Sauerstoff (O2) ist das wohl bedeutsamste Gas für den menschlichen Organismus. Es wird von jeder Körperzelle benötigt, um Energie zu gewinnen. Parallel fällt in jeder Zelle während des aktiven Energiestoffwechsels CO2 (Kohlendioxid) an, welches abgeführt werden muss. Als Transportmedium dienen die Erythrozyten (rote Blutkörperchen) für O2 und das Blutplasma für CO2. Das venöse, mit CO2 angereicherte Blut aus der Körperperipherie wird vom rechten Herzventrikel in die Lungen gepumpt und verzweigt sich dort in ein feines Kapillarnetz um die Lungenbläschen (Alveolen) herum. Dort findet via Diffusion ein Austausch gegen Sauerstoff statt – dieser wird von den Erythrozyten aufgenommen (Oxygenierung), CO2 diffundiert umgekehrt aus dem Blut in die Alveolen und kann abgeatmet werden.

Das oxygenierte Blut kann nun durch den linken Herzventrikel in den Körperkreislauf gepumpt werden, um Organe, Muskeln und Gehirn mit Sauerstoff zu versorgen. Der Gesamtsauerstoffgehalt des menschlichen Bluts muss jedoch in engen Grenzen konstant gehalten werden, es darf weder eine Minderversorgung mit O2 noch eine zu hohe, toxische Konzentration vorliegen.

Um diese Balance zu gewährleisten, befinden sich in bestimmten Punkten des arteriellen und venösen Stromgebietes sowie im Gehirn und in der Lunge sogenannte Chemosensoren, die einen Sauerstoffabfall (Hypoxie) oder einen Kohlendioxidanstieg (Hyperkapnie) im Blut erfassen können und daraufhin Signale an das Atemregulationszentrum im Hirnstamm senden. Von dort aus wird der Atemantrieb, das Signal ans Zwerchfell (Diaphragma = Haupt-Atemmuskel) sich zu kontrahieren, entweder gesteigert oder verlangsamt. Das Zwerchfell ist mit dem äußeren Lungenfell (Pleura parietalis) überzogen, welches direkt der Lunge, welche vom inneren Lungenfell überzogen ist, anliegt. Durch die Kontraktion des Zwerchfells wird die Lunge zum Bauch hin gezogen. Durch den entstehenden intrapulmonalen Unterdruck strömt nun passiv Luft in die Alveolen, der Mensch atmet ein.

Zusätzlich vermag die Lunge bei einem Abfall des Sauerstoffpartialdrucks (pO2) im arteriellen Schenkel der Lungenarterien (Aa. pulmonales) die Blutzufuhr zu steigern, so kann mehr venöses Blut einströmen und oxygeniert, also mit Sauerstoff angereichert, werden.

Stellen nun diese Chemosensoren einen Abfall des Sauerstoffpartialdrucks (der Mediziner spricht in diesem Zusammenhang auch von „Sättigung“ oder wie viel Prozent der Erythrozyten Sauerstoff transportieren) im Blut fest, verspürt der Patient den Drang, schneller und tiefer zu atmen. Für gewöhnlich gibt er diesem Drang meist unbewusst nach, sodass das kurzzeitige Sauerstoffdefizit schnell wieder ausgeglichen werden kann. Ist die vertiefte Atmung oder die vermehrte Oxygenierung in den Lungen jedoch nicht möglich, wird das Sauerstoffdefizit immer größer – der Betroffene verspürt Atemnot.

Hierbei unterscheidet man zwischen der bereits in Ruhe auftretenden Luftnot (Ruhedyspnoe) und der durch körperliche Aktivität induzierten Belastungsdyspnoe. Letztere ist jedoch abzugrenzen von dem physiologischen „Aus-der-Puste-kommen“. Eine Belastungsdyspnoe dauert länger an und geht oftmals einher mit Kurzatmigkeit, einem Engegefühl im Brustkorb sowie erschwertem Ein- oder Ausatmen. Raucher, chronisch Lungenkranke, Patienten mit Herz-Kreislauf-Problemen und Asthmatiker zeigen häufig eine solche belastungsabhängige Luftnot.

Ursachen

Zu dem Gefühl, schlecht Luft zu bekommen, können neben äußerlichen Faktoren, wie beispielsweise der verminderte Sauerstoffgehalt der Luft in großen Höhen, Rauchvergiftung oder Staubexposition sowie die Aspiration von Kleinteilen auch psychische Ursachen führen. Darunter fasst man das Hyperventilationssyndrom und Angst- und Panikstörungen. Vor allem Raucher und Lungen- oder Herzkranke leiden dagegen unter körperlich begründbaren, chronischen Erkrankungen der Atemwege, wo die bestehende Atemnot durch die organische Erkrankung begründbar ist.

Hierzu zählen:

1. Lungenerkrankungen:

  • Asthma bronchiale, ggf. mit allergischer Komponente
  • Akute und chronische Bronchitis
  • Chronisch Obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
  • Lungenentzündung (Pneumonie)
  • Lungenödem
  • Lungenembolie
  • Lungenfibrose
  • Lungenemphysem
  • Pneumothorax
  • Bronchieektasen
  • Pneumokoniose (Staublungenerkrankung)
  • Pulmonale Hypertonie (Hochdruck im Lungenkreislauf)

2. Herz-Kreislauf-Erkrankungen:

  • Akute und chronische Herzschwäche (Myokardinsuffizienz)
  • Koronare Herzkrankheit (KHK)
  • Herzmuskelentzündung ( Myokarditis)
  • Herzbeutelentzündung (Perikarditis)

3. Infektionskrankheiten:

  • Erkältung
  • Grippevirus-Infektion
  • Diphterie
  • Keuchhusten (Pertussis)
  • Krupp-Syndrom
  • Tuberkulose

4. Kehlkopf- und Luftröhrenerkrankungen:

  • Luftröhrenverengung (Trachealstenose)
  • Kehlkopfschwellung (Glottisödem)
  • Rachen-/Kehlkopf-/Luftröhrentumore (Karzinome im Pharynx-, Larynx-, oder Trachealbereich)
  • Kehldeckelentzündung (Epiglottitis)
  • Luftröhrenentzündung (Tracheitis)

sowie:

  • Allergien
  • Blutarmut (Anämien), vermindert die Sauerstofftransportkapazität des Blutes
  • Neurologische Erkrankungen (Fehlfunktion des Atemregulationszentrums im Hirnstamm)
  • Entzündungen der Rachen- und Gaumenmandeln (Tonsillitiden)
  • Eine stark vergrößerte Schilddrüse (Struma)
  • Skelettdeformitäten der Wirbelsäule (Kyphose) oder des Thorax (Trichterbrust, Fassthorax)

Alle oben genannten Erkrankungen können die Atemfunktion beeinträchtigen.

Was Sie selbst tun können

Oftmals ist eine kurzzeitige Luftnot kein Alarmsignal und bei banalen Infekten mit Abheilung der Erkrankung verschwunden.

Kontaktieren Sie auf jeden Fall Ihren Arzt, wenn:

  • Ihre Atembeschwerden spontan auftreten, ohne dass Sie einen vermeintlichen Auslöser dafür identifizieren können.
  • Sie bei körperlicher Betätigung starke Atemnot verspüren.
  • Ihnen häufiger schwindelig oder übel wird.
  • Sie sich zusätzlich schlapp und müde fühlen, sowie Fieber (>39°C) länger als fünf Tage messen.
  • Sie eitriges oder blutiges Sekret aushusten.
  • Sie ein diffuses Druckgefühl im Halsbereich bemerken.
  • Sie das Gefühl der Brustenge verspüren (Notfall!).
  • Sie das Gefühl haben, dass Ihr Herz arrhythmisch schlägt, stark pocht.

Hilfe durch den Spezialisten

Bei erkältungsassoziierter Atemnot mit Husten, Schnupfen, oder akuten Bronchitiden kann Ihnen Ihr Arzt anhand einer geeigneten Therapie und bedarfsgerechten Medikamentenverschreibung schnell weiterhelfen. Sollte Ihr Arzt jedoch den Verdacht auf eine spezifischere Erkrankung der Atemwege haben, wird er Sie an einen Lungenfacharzt (Pulmonologen) verweisen, der durch erweitertes Fachwissen und bessere Diagnosemöglichkeiten weitergehende Untersuchungen durchführen kann.

Im Falle einer allergischen Komponente, wie bei allergischem Asthma bronchiale, hilft Ihnen ein Allergologe weiter.

Was Sie bei Ihrem Arzt erwartet

Bevor Ihr Arzt mit spezifischeren Untersuchungen beginnt, befragt er Sie ausführlich zu den aktuellen und eventuell auch zurückliegenden Beschwerden sowie zu bereits bestehenden Erkrankungen.

Mit folgenden Fragen können Sie rechnen:

  • Seit wann, in welchen Situationen und wie gravierend tritt Ihre Atemnot auf?
  • Werden Ihre Beschwerden bei körperlicher Aktivität schlimmer?
  • Sind die Beschwerden nachts stärker?
  • Bestehen weitere Symptome wie Husten, Fieber, Kopf-/Hals- oder Gliederschmerzen, Heiserkeit, Müdigkeit, Einschränkung des Hörvermögens?
  • Bestehen sonstige Vorerkrankungen und werden diese aktuell therapiert?
  • Sind Allergien oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten bekannt?
  • Nehmen Sie Medikamente ein?
  • Rauchen Sie?

Im Anschluss folgt eine körperliche Untersuchung. Hierzu klopft der Arzt den Brustkorb ab. Anhand dessen kann er die Ausdehnung der Lunge beurteilen. Akustische Unterschiede im Klopfschall lassen auf Schleim-, Wasser- oder Luftansammlungen in den einzelnen Lungenabschnitten schließen. Mithilfe des Stethoskops hört der Arzt Lunge und Herz ab.

Untersuchungen (Diagnostik)

Routinemäßig führt der Arzt folgende Untersuchungen durch:

  • Blutentnahme (Kontrolle der Entzündungsparamenter und möglicher Erregernachweis)
  • Auswurf-Probenentnahme („Sputumprobe“, bei Husten) zur mikrobiologischen Testung im Labor (spezifischer Erregernachweis)

Bei banalen Infekten kann der Arzt anhand dessen oftmals schon eine genaue Diagnose stellen.

Gegebenenfalls wird er Sie an einen Pulmonologen/Allergologen, HNO-Arzt und/oder Kardiologen überweisen. Hier kann folgende Diagnostik durchgeführt werden:

  • Lungenfunktionsdiagnostik
  • Ruhe- und Belastungs-EKG (Echokardiogramm)
  • Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiografie )
  • Röntgen des Thorax
  • Kehlkopfspiegelung (Laryngoskopie)
  • Bronchoskopie, ggf. in Kombination mit einer Bronchialspülung (bronchoalveoläre Lavage)
  • Gewebeentnahme (Bronchialbiopsie) bei Verdacht auf Bronchialkarzinom
  • Computertomografie
  • Allergiediagnostik

Behandlung (Therapie)

Bei diagnostiziertem allergischem Asthma bronchiale wird meistens eine Kombinationstherapie mit bronchodilatierenden ß2-Sympathomimetika (Salbutamol, Fenoterol) und inhalativen Cortisolpräparaten (Budesonid, Beclometason verschrieben. Durch die Bronchodilatation kann der Patient wieder besser „durchatmen“ und die anschließend applizierten antientzündlich und daher abschwellend wirkenden Cortisolsprays können großflächiger wirken.

Bei einer Bronchitis werden gegebenenfalls Antibiotika gegen die bakterielle Besiedlung gegeben. Sollte ein viraler Infekt vorliegen, können Virustatika Abhilfe schaffen, wobei die Indikation für Virustatika bei ansonsten gesunden Patienten kritisch gesehen werden muss.

Bei bösartigen (malignen) Tumoren wird je nach Eigenschaft (Entartung) des Tumors parallel zur chirurgischen Entfernung eine Strahlen- und Zytostatikatherapie eingesetzt.

Vorbeugung (Prävention)

  • Vermeiden Sie unter allen Umständen das Rauchen und den Aufenthalt in verqualmten, schlecht belüfteten Räumen
  • Bewegen Sie sich regelmäßig an der frischen Luft
  • Achten Sie auf einen ausreichenden Feuchtigkeitsgehalt der Raumluft. Besonders im Winter kann zu trockene Heizungsluft die Schleimhäute reizen und zu einer erschwerten Atmung führen. Legen Sie dazu ein feuchtes Handtuch oder eine Schale mit Wasser auf die Heizung.
  • Sollten Sie nachts vermehrt Luftnot bekommen, ist nach einer kardiologischen Untersuchung auch eine Untersuchung im Schlaflabor angezeigt.

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