Kompetenzzentrum für Urologie informiert: Urininkontinenz

Definition Urininkontinenz

Fachärzte für Urologie unterscheiden bei einer Urininkontinenz zwischen verschiedenen Arten:

  • Belastungsinkontinenz
  • Dranginkontinenz
  • Gemischte Inkontinenz
  • Chronische Harnretention mit Harninkontinenz, z.B. bei einer Prostatavergrößerung oder einer Schwäche des Harnblasenmuskels
  • Extraurethrale Harninkontinenz
  • Enuresis (Bettnässen bei Kindern und Jugendlichen)
Urininkontinenz betrifft Frauen, Männer und Kinder, trifft aber Frauen am häufigsten

Der unfreiwillige Harnverlust betrifft Frauen, Männer und Kinder. Das weibliche Geschlecht ist jedoch viel häufiger davon betroffen. Nach dem 45. Lebensjahr etwa jede zehnte Frau und jeder 30. Mann. Bei den über 65-Jährigen steigen die Zahlen weiter an.

Eine erschlaffte Beckenbodenmuskulatur führt meistens zu einer Belastungsinkontinenz. Dabei öffnet sich der Harnröhren-Verschluss unkontrolliert beim Lachen, Niesen, Husten oder bei körperlicher Anstrengung. Etwa beim Treppensteigen, beim Aufstehen oder beim Lasten heben.

Dagegen signalisiert die Dranginkontinenz eine übervolle Blase, obwohl das gar nicht der Fall ist. Diese Form ist häufig auf einen Bandscheibenvorfall, einen Schlaganfall oder auf neurologische Erkrankungen zurückzuführen.

Als Enuresis wird das Einnässen bei Kindern nach dem 5. Lebensjahr bezeichnet. Es erfolgt mindestens in zwei Nächten pro Monat. Bei Kindern und Jugendlichen ist es das häufigste urologische Symptom. Etwa jedes zehnte Kind nässt bei den Siebenjährigen nachts ein.

Der Verlust über die Urinkontrolle führt bei vielen Menschen zu großer Verzweiflung und zu Schamgefühlen. Insbesondere Männer verschweigen das Problem. Sie wechseln ständig ihre Wäsche und hoffen, dass niemand es bemerkt.

Wird die Urininkontinenz vom Urologen nicht behandelt, kann sie die Lebensqualität und die Aktivität stark beeinträchtigen und zu psychischen Problemen führen. Dabei lässt sie sich in vielen Fällen gut behandeln.

Synonyme und artverwandte Begriffe

Synonyme: Inkontinenz, Harnverlust, Harninkontinenz, Blasenschwäche
Englisch: urinary incontinence

Überblick

Urininkontinenz, also der unfreiwillige Abgang des Urins, ist eine häufige Erkrankung. Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland etwa sechs Millionen Frauen, Männer und Kinder davon betroffen sind. Sie können den Zeitpunkt des Wasserlassens nicht selbst bestimmen.

Eine Urininkontinenz kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Manche verlieren nur einige Tropfen Urin, andere leiden unter permanentem Harnverlust.

Inkontinenz gehört noch immer zu den Tabuthemen. Betroffene Patientinnen und Patienten schämen sich und möchten darüber nicht sprechen. Dabei gibt es eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten, die ihre Lebensqualität erheblich verbessern könnte. Wichtig ist, dass Sie sich einem Facharzt für Urologie mitteilen.

Häufig kann ein Training der Beckenbodenmuskulatur helfen

Bei der leichten Form der Urininkontinenz hilft häufig schon ein spezielles Training der Beckenbodenmuskulatur. Medikamente oder eine Operation können bei schwereren Formen erfolgreich sein.

Ursache der Inkontinenz können Krankheiten, Unfälle, medizinische Eingriffe, Medikamente, der Lebensstil und psychosoziale Faktoren sein. Bei älteren Menschen kommen noch Immobilität, funktionale Einschränkungen und Demenz dazu.

Ursachen der Urininkontinenz

Fachärzte für Urologie kennen eine Vielzahl von Ursachen, die zu einer Urininkontinenz führen können. Dazu gehören:

  • Operationen an der Prostata
  • Entfernung der Gebärmutter
  • Eine Beckenbodenschwäche
  • Neurologische Erkrankungen, z.B. Multiple Sklerose
  • Schrumpfen der Blasen- und Harnröhrenschleimhaut durch einen Östrogenmangel bei Frauen in den Wechseljahren
  • Starkes Übergewicht (Adipositas)

Was Sie bei Urininkontinenz selbst tun können?

Ein Beckenbodentraining hilft sowohl Frauen als auch Männern. Mit richtig ausgeführten Übungen können sie die Muskulatur des Beckenbodens deutlich stärken. Auch nach einer Schwangerschaft gehört es zu einer guten Rückbildungsgymnastik.

Ergänzt wird das Beckenbodentraining meistens durch ein Biofeedbacktraining und ein gezieltes Toilettentraining. Beim ersteren erlangen Patienten die Kontrolle über ihre Muskulatur im Beckenboden- und Blasenbereich durch akustische und visuelle Wahrnehmung wieder zurück. Beim Toilettentraining wird die regelmäßige Entleerung der Blase eingeübt.

Eine Veränderung des Lebensstils kann sich ebenfalls günstig auswirken. In klinischen Studien wurde nachgewiesen, dass sich eine vorhandene Urininkontinenz verbessert, wenn Patienten mit Übergewicht dieses verringern. Körperliche Aktivität und eine gesunde Ernährung sind ebenfalls wichtig.

Bei älteren Menschen sollte auf eine allgemeine Förderung der Mobilität und auf körperliche Fitness geachtet werden.

Hilfe durch den Spezialisten

Je nach Spezifität der Symptomatik kann ausgehend von einem Gespräch mit Ihrem Arzt   eine weitere detaillierte Diagnostik bei verschiedensten Fachmedizinern erfolgen. Hierzu gehören:

  • Urologen
  • Gynäkologen
  • Pädiater

Was Sie bei Ihrem Arzt für Urologie erwartet?

Bevor Ihr Arzt für Urologie mit einer Untersuchung beginnt, findet ein einführendes Gespräch (Anamnese) über Ihre aktuellen Beschwerden statt. Im Rahmen dessen befragt er Sie ebenfalls zu zurückliegenden Beschwerden und eventuell bestehenden Erkrankungen.

Mit folgenden Fragen können Sie rechnen:

  • Seit wann bestehen die Symptome?
  • Können Sie eine genaue Charakterisierung und gegebenenfalls Lokalisation vornehmen?
  • Haben sich im Verlauf der Symptomatik Veränderungen ergeben?
  • Leiden Sie unter zusätzlichen Symptomen wie beispielsweise Atemnot, Schmerzen in der Brust, Schwindelgefühle?
  • Litten Sie schon einmal daran und sind diese Anzeichen familiär aufgetreten?
  • Bestehen aktuell Vorerkrankungen oder Erbkrankheiten und werden diese therapiert?
  • Nehmen Sie aktuell Medikamente ein?
  • Sind Ihnen Allergien bekannt?
  • Leiden Sie unter Stresszuständen im Alltag?

Welche Medikamente nehmen Sie regelmäßig ein?

Ihr Facharzt für Urologie benötigt eine Übersicht der Arzneimittel, die Sie regelmäßig einnehmen. Stellen Sie schon vor dem Arztbesuch bei Ihrem Urologen eine Übersicht über die Medikamente, die Sie einnehmen, in einer Tabelle zusammen. Eine Vorlage für die Übersicht finden Sie hier.

Untersuchungen (Diagnostik) durch den Urologen

Ausgehend von der in der vorangegangenen Anamnese erhobenen Symptomcharakteristik und dem aktuellen Befinden kann der Facharzt für Urologie nun folgende Diagnostik anwenden:

  • Blasenspiegelung (Zystoskopie)
  • Vaginale Untersuchung bei Frauen
  • Trink- und Miktionsprotokoll des Patienten über mindestens 48 Stunden
  • Pad-Test
  • Urodynamische Messung

Behandlungen (Therapie)

Wenn konservative Behandlungsmöglichkeiten wie das Beckenbodentraining oder die Einnahme von Medikamenten und Hormonen nicht mehr ausreichen, stehen dem Facharzt für Urologie mehrere Operationsverfahren zur Verfügung.

Insbesondere bei der extraurethralen Inkontinenz, die in der Regel seit der Geburt besteht, ist eine Operation unabdingbar.

Der Urologe kann künstliche Blasenbänder einsetzen

Um zu verhindern, dass bei äußeren Reizen Harn abgegeben wird, kann der Urologe die Position der Blase operativ korrigieren. Gute Erfolge werden mit kleinen Bändchen erzielt, die unter der Harnröhre eingesetzt werden.

Ist es bei Frauen zu einer Senkung insbesondere von Gebärmutter, Blase, Scheide und Enddarm gekommen, können kleine Netze eingebracht und im Becken fixiert werden, um die Organe wieder in ihrer natürlichen Position zu stützen.

Ein anderes Verfahren bei Frauen mit Inkontinenz ist die Faszienzügelplastik. Sie wird hauptsächlich eingesetzt, wenn andere Operationsmethoden keinen Erfolg brachten. Dabei entnimmt der Urologe zunächst körpereigenes Gewebe meistens aus der Bauchwand. Einen Streifen vernäht und fixiert er hinter dem Blasenhals und der Harnröhre miteinander. Die Harnröhre wird dadurch repositioniert.

Eine andere Möglichkeit ist das Einspritzen von Botox in den Blasenmuskel und das Einsetzen eines Blasenschrittmachers.

Bei einer Dranginkontinenz wird auch Botulinumtoxin, ein Nervengift, in sehr niedriger Dosierung eingesetzt.

In einigen Fällen ist eine Kombination mehrere Behandlungsmöglichkeiten denkbar.

Vorbeugung (Prophylaxe, Prävention)

Eine geschwächte Beckenbodenmuskulatur führt nicht selten zu einer Urininkontinenz. Deshalb ist ein gesunder und kräftiger Beckenboden wichtig. Sowohl für die Bewegung des Schließmuskels als auch für ein positives Körpergefühl.

Bei Frauen vermindert er zudem das Risiko von Senkungsbeschwerden. Außerdem soll er das Lustempfinden steigern.

Sprechen Sie mit Ihrem Urologen darüber und suchen Sie sich eine speziell ausgebildete Fachkraft, die Ihnen praktische Übungen zeigt und Tipps gibt, wie Sie den Beckenboden stärken und erhalten können.

Prognose

Urininkontinenz lässt sich in vielen Fällen mit einer entsprechenden Behandlung (Therapie) vom Facharzt für Urologie heilen oder zumindest deutlich verbessern.

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